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THEMAtisch | No17 | Seelische Verletzungen


Der Gips für verletzte Herzen ist noch nicht erfunden. Aber es gibt einen Weg, seelische Wunden zu heilen.  Das Tolle: Das Rezept dafür hat jeder Mensch in sich...


SEELISCHE VERLETZUNGEN sind unsichtbar

Es fließt kein Blut. Nicht mal einen blauen Fleck kann man erkennen. Und doch will man am liebsten acht Stunden am Stück schreien. Der Körper - äußerlich unversehrt - fühlt sich an wie eine einzige klaffende Fleischwunde. Der Schmerz ist überall: im Bauch, den schweren Beinen, der engen Brust, dem leeren Kopf, der seine Arbeit scheinbar eingestellt hat, nur noch die alltägliche Routine abspult.

 

Seelische Verletzungen sind unsichtbar. Die Schmerzen, die sie auslösen, sind hingegen real. Leider gibt es den Gips, der Herzen wieder richtet, noch nicht auf dem Markt.

 

Manchmal stirbt ein geliebter Mensch. Oder er macht sich einfach aus dem Staub. Manchmal wirft eine Krankheit all unsere Lebenspläne über den Haufen. Oder ein Unfall geschieht. Manchmal vergisst eine Freundin eine Freundin zu sein. Und die Familie schert sich einen Dreck. Manchmal sind es gar nicht die großen Katastrophen, die uns psychisch taumeln lassen. Manchmal sind es die vielen kleinen Stiche, die uns irgendwann so zusetzen, dass wir keine Lust mehr haben, morgens aufzustehen.

 

Dann kommen sie: Die "Was ist denn los mit Dir? Siehst ja gar nicht gut aus"-Sager. Und sie haben Tipps dabei: Mal richtig ausschlafen wirkt Wunder! Ein langer Urlaub! Oder vielleicht doch besser gleich eine Therapie? Drei Mal die Woche Sport! Lass mal wieder ordentlich einen trinken gehen!

 

Ja, klar, gern, alles.

 

Doch so gut gemeint die Ratschläge auch sind - sie kratzen nur an der Oberfläche. Wer seelische Verletzungen wirklich heilen will, muss tiefer gehen . Eine so unangenehme wie einschüchternde Erfahrung. Zu der es aber keine wirkliche Alternative gibt.

 

 

LEBE LIEBER UNERWARTET!

Das Überraschende ist: Wenn wir uns genau anders herum verhalten, als wir es gelernt haben, kommen wir an den Kern der Verletzung. Gelernt haben wir, dass seelischer Schmerz etwas Schlechtes ist. Etwas, dass es zu verdrängen gilt. Etwas, dass man nicht haben will in seinem Leben. Darum suchen wir sofort nach schnellen Lösungen, damit er wieder verschwindet - oder erst gar nicht einbricht in unser Leben.

 

So funktioniert das Leben aber nicht. Aus der chinesischen Philosophie kennen wir das Yin-und-Yang-Prinzip: ein Kreis, in dem sich die gegensätzlichen Farben Weiß und Schwarz ergänzen. Sie stehen für Gegensätze. Für Tag und Nacht. Kalt und warm. Schwer und leicht. Glücklich und traurig. Nur zusammen ergeben sie ein Ganzes.

 

Das Yin-und-Yang-Prinzip hilft. Auf seelische Verletzungen übertragen bedeutet es: kein Hochgefühl ohne Traurigkeit. Keine Zufriedenheit ohne das Gefühl, unzufrieden zu sein. Denn ohne Schmerz wüssten wir gar nicht, wie sich Schmerzlosigkeit anfühlen würde.

 

Was auch hilft: den Schmerz nicht weg-haben-wollen. 

 

Sich dem Schmerz stellen - so, als würde man sich unter eine kalte Dusche stellen. Zuerst ist es fürchterlich, aber irgendwann gewöhnt sich unser Körper daran. Wir spüren, wie das Wasser über den Nacken bis auf die Zehen fließt. Wir bleiben stehen. Wir laufen nicht weg. 

 

Den Schmerz anzuehmen hilft.

Es ist sehr sicher, dass wir dabei weinen.

Und verzweifelt sind. 

 

 

Wenn wir erkennen, dass der Schmerz genauso Teil unseres Lebens ist wie die Freude. Wenn "in guten wie in schlechten Tagen" nicht nur ein Versprechen für jemand anderen ist - sondern für uns selbst...

 

...dann können unsere seelischen Verletzungen langsam heilen.


SEELISCHE VERLETZUNGEN HEILEN

 

ACHTUNG! In diesem Artikel „Seelische Verletzungen heilen“ wird eine Perspektive vertreten, die für Dich ungewohnt und vielleicht sogar unsensibel wirken könnte. Bitte lies zu Ende und lass es auf Dich wirken. Ich spreche in diesem Artikel nicht von Misshandlungen, physischer Gewalt gegen Dich oder Misshandlungen von Kindern, die sich nicht wehren können! Wenn Du ein Erwachsener bist und das Gefühl hast, dass Du seelische Verletzungen heilen möchtest, die ein anderer Erwachsener Dir angetan hat, dann ist das Dein Artikel! 

 

 

Seelische Verletzungen – davon sprechen wir, wenn wir das Gefühl haben, dass wir in einer Beziehung nicht gut behandelt wurden – dass wir enttäuscht und vielleicht auch getäuscht und damit verletzt worden sind.

 

Ich erinnere mich noch sehr genau, wie ich das erste mal in meinem Leben verletzt wurde: Ich war etwa 15 und unglaublich verliebt in einen Jungen. Ich konnte mir zunächst gar nicht vorstellen, dass er etwas für mich übrig haben könnte… doch was mir noch nicht bewusst war: Ich hatte mich in den letzten zwei Jahren stark verändert: Aus dem frechen, vorlauten Mädchen, das ich mal war, war eine ziemlich attraktive junge Frau mit Rundungen an den richtigen Stellen geworden. Ich bekam immer mehr Interesse von der „Männerwelt“. Ich war allerdings gerade erst dabei zu entdecken, was ich damit alles anstellen konnte (und auch, was ich tunlichst lassen sollte!).

 

Ich konnte es kaum fassen, als der Junge, für den ich heimlich schwärmte, bei einer Party plötzlich Interesse an mir zeigte und mir sogar gestand, dass er noch nie geküsst hätte (was wir natürlich direkt änderten). Ich war im Himmel!

Doch natürlich nicht lange: Aus irgendeinem blöden Grund durfte ich nicht zur nächsten Party… wo er (so erzählte man mir) direkt mit dem nächstbesten Mädchen rumgemacht hatte. Er hatte noch nicht einmal den Schneid, es mir selbst zu sagen. Ich war so wütend, so enttäuscht und so verletzt, dass ich ihm sämtliche Geschlechtskrankheiten und ewiges Pech in der Liebe an den Hals wünschte und ihn nie mehr wiedersehen wollte. Leider bewahrte mich das nicht vor weiteren „Verletzungen“ in meinem eigenen Liebesleben.

 

Vielleicht geht es Dir ähnlich: Vielleicht kennst Du das selbst sogar so gut, dass Du inzwischen niemanden mehr wirklich an Dich heran lässt oder grundsätzlich misstrauisch bist und Dich lieber gar nicht erst einlässt.

 

Diese Wahl hätte ich natürlich auch gehabt. Ich hätte den Weg gehen können, dass diese (oder irgendeine andere) seelische Verletzung so schwerwiegend sein würde, dass ich mich zurückziehe und niemandem mehr vertraue. Doch eines Tages bemerkte ich etwas, das mein gesamtes Leben und meine Gefühle für immer verändere und mit befreite.

 

Ich stellte mir nämlich eine sehr wichtige Frage: WAS WAR WIRKLICH PASSIERT?

 

In allen Fällen, in denen ein Mann (oder auch eine andere Freundin) mich „verletzt“ hatte, hatte ich mich verletzt gefühlt. Ich hatte mich verletzt gefühlt, weil ich enttäuscht worden war. Ich war enttäuscht, weil nicht das passiert war, was ich gerne gehabt hätte. Im Grund war also nicht mehr passiert, als dass ich nicht bekommen hatte, was ich mir gewünscht hatte.

 

Und manchmal dachte ich dann: „Ja, aber….“. Denn ich wollte zunächst nicht annehmen, dass ich nicht das Opfer einer wirklich schlimmen Sache geworden war. Ich wollte bei „meiner Geschichte“ bleiben, die zeigte, dass mir schlimmes, schlimmes Unrecht widerfahren war. Dass der andere sehr böse, unfair, gemein, rücksichtslos, skrupellos, missgünstig, fies und/oder niederträchtig gehandelt hatte und ich das arme Opfer dieses schrecklichen Handelns war. Kennst Du das?

 

MEINE „JA-ABERS“ WAREN ZUM BEISPIEL:

Ich habe doch wirklich alles gegeben

Ich habe mich doch wirklich so bemüht

Ich habe doch alles getan, was der andere wollte

Ich war doch immer für den anderen da

Ich habe ihn doch wirklich geliebt!

Ich habe das doch wirklich nicht verdient

Ich war doch immer….. (lieb? brav? willig? hilfsbereit? für ihn da?) – nimm, was Du kennst!

 

Ja.

Das mag sein.

Und?

 

Wenn Du seelische Verletzungen heilen möchtest und es Verletzungen dieser Art sind, gibt es eine sehr einfache – aber umso wirksamere Methode:

SCHAU DIR AN, WAS WIRKLICH PASSIERT IST. 

 

Das ist, was ich getan habe, um meine eigene seelische Verletzung heilen zu können – und das innerhalb sehr kurzer Zeit: Ich habe erkannt, dass ich eigentlich keine seelische Verletzungen heilen muss – weil es keine „Verletzung“ in diesem Sinne gibt: Ich war jedes mal einfach nur unglaublich enttäuscht, traurig und wütend darüber, dass die Dinge nicht so geworden sind, wie ich sie mir gewünscht, erhofft und ausgemalt hatte.

 

Ich war sauer auf den anderen, weil er nicht so geworden war, wie ich ihn mir vorgestellt hatte.

Ich war enttäuscht über das Verhalten des anderen, weil es nicht so war, wie ich es gerne gehabt hätte.

Ich wütend, weil ich selbst so viel getan hatte und der andere dennoch nicht das getan hatte, was ich wollte.

Ich war traurig, weil das, was ich mir (mit dem anderen) vorgestellt hatte, nicht so kam, wie ich es wollte.

Ich fühlte mich schlecht, weil der andere mich nicht so sehr „haben“ wollte, wie ich ihn (oder sie).

Ich war gekränkt, weil das was ich getan hatte, dass den anderen hätte glücklich und zufrieden (mit mir) machen sollen, nicht funktioniert hatte – und der andere sich dann trotz all meiner Bemühungen nicht so gefühlt und verhalten hatte, wie ich es haben wollte.

Ich war verzweifelt, weil alles, was ich gelernt hatte darüber, wie man bekommt, was man will und wie man sich „beliebt macht“ (sprich all meine Manipulationsversuche) bei dieser Person nicht funktioniert hatten.

 

Und natürlich ist das nicht schön – und fühlt sich nicht gut an.

Es ist auch oft nicht gerecht, was der andere da tut. Und doch… und doch haben wir kein Recht darauf, dass ein anderer Mensch sich so verhält, wie wir es gerne hätten.

 

 

WIE KANNST DU JETZT DAMIT SEELISCHE VERLETZUNGEN HEILEN?

Wenn Du zunächst (an)erkennst, dass der andere sich einfach nicht so verhalten hat, wie Du es erwartest, gehofft oder gewollt hast, dann wird die Sache ja schon ein bisschen „leichter“.

 

Der „Trick“ an dieser Einsicht ist folgender: DEINE GEDANKEN VERURSACHEN DEINE GEFÜHLE. 

Wenn Du also zum Beispiel denkst (erwartest): „Jetzt soll das-und-das passieren (damit es gut ist für mich).“ Und das passiert nicht…. Dann kommt das Gefühl von Enttäuschung erst, wenn Du denkst: „Oh nein! Warum nicht? Was ist los? Was soll das? Er/sie liebt mich nicht. Ich bin es nicht wert! Er ist ein… Sie ist eine…“ (was auch immer). Wenn Du das denkst, dann kommt ein schlechtes Gefühl.

 

Du könntest ja auch denken: „Naja – dann kommt was anderes, noch viel besseres! Wer weiß? Am Ende wird ja immer alles gut!“ (Und nehmen wir mal an, Du würdest das auch tatsächlich glauben). Dann würde sich wahrscheinlich kein schlechtes Gefühl einstellen, richtig?

 

Das heißt, Dein Gefühl entsteht nicht aus dem, was tatsächlich passiert, sondern aus dem, was Du über das denkst, was passiert.

 

Und das wiederhole ich gerne, weil es sehr wichtig ist:

Nicht das was passiert oder was jemand tut, „macht“ Deine Gefühle, Du denkst etwas bestimmtes über die Situation und wenn es etwas negatives ist, hast Du negative Gefühle: 

 

Wenn es Gedanken der Enttäuschung sind, hast Du enttäuschte Gefühle – fühlst Dich enttäuscht.

Wenn es Gedanken der Frustration sind (Toll, schon wieder ich!), fühlst Du Dich frustriert.

Wenn es Gedanken der Wut sind (Dieser miese….“!), fühlst Du Dich wütend.

Wenn es Gedanken der Resignation (Hat eh alles keinen Sinn.) sind, fühlst Du Dich mutlos und kraftlos - und so weiter und so fort.

 

WAS PASSIERT, WENN DU DEINEM GEGENÜBER DAS RECHT EINRÄUMST, FREI ÜBER SEIN LEBEN ZU ENTSCHEIDEN?

 

Das klingt jetzt erst mal schräg, oder? Wieso würdest Du das nicht tun?

 

Denk mal nach: Wenn ein anderer Mensch Dich enttäuscht, weil er nicht so ist oder nicht das tut, was Du willst… Dann heißt das ja, Du brauchst es, dass er ist wie Du willst. Du brauchst es, dass er tut, was Du willst. Damit Du also nicht enttäuscht wirst, soll jemand anders die Dinge anders tun, als er (oder sie) sie eigentlich will. Der andere soll also Entscheidungen so treffen, wie sie für Dich gut und richtig sind.

 

Selbst wenn er eigentlich etwas anderes will.

 

Und natürlich – ich habe es selbst erlebt – treffen Menschen manchmal Entscheidungen oder tun Dinge, die kannst Du beim allerbesten Willen nicht nachvollziehen. Ich verstehe das. Sehr gut sogar.

 

Und dennoch: Wenn ein anderer Mensch sich entscheidet, dass er etwas tun oder sein will, dass Du vollkommen hirnrissig, unmöglich, ungesund, abartig, pervers, gemein, dumm oder sonstwie findest, dann ist das seine Entscheidung mit der er (oder sie) leben muss und darf: Weil es sein Leben ist.

 

Dieser andere Mensch verbringt bereits sein ganzes Leben mit sich – seit der Geburt – und wird das auch noch bis zu seinem Tod tun. Es ist sein gutes Recht, seine eigenen Entscheidungen über dieses Leben zu treffen. Wie und wo er sein möchte und mit wem und als was. Auch wenn Dich das enttäuscht, irritiert, wütend oder traurig macht.

 

Möchtest Du Deine Entscheidungen so treffen müssen, wie es anderen in den Kram passt? Oder tust Du das vielleicht sogar?

 

DENN FALLS DU DAS TUST, MACH DIR BITTE UNBEDINGT ZWEI DINGE BEWUSST: Es ist Dein Leben. Nur Du wirst es von der Geburt bis zum Tod verbringen, erleben, dabei sein, aushalten oder genießen können, müssen und dürfen.

 

Du kannst Dir dadurch, dass Du Dein Leben und Deine Entscheidungen nach dem Willen oder dem „Gusto“ anderer Menschen ausrichtest, nicht verdienen, dass sie das auch so machen. So läuft das leider nicht. Wenn Du Deine seelischen Verletzungen heilen möchtest, dann mach Dir dies bitte unbedingt bewusst.

 

Du wirst Dein ganzes Leben mit Dir verbringen – das was Du denkst und fühlst ist Dein Leben. Weil es Dein Leben ist!

 

Was um Dich herum passiert bekommt nur Sinn und Relevanz dadurch, wie Du es wahrnimmst und was Du damit tust. Wenn Du Dich entscheidest, dass Du Dein Leben immer nach anderen ausrichten möchtest und dafür erwartest, dass sie Rücksicht auf Dich nehmen, dann wirst Du sehr oft in Deinem Leben verletzt und enttäuscht werden.

 

Du hast das Recht darauf, Dich an erste Stelle zu setzen in Deiner persönlichen Prioritäten-Liste des Lebens. Weil es Dein Leben ist!

 

Wenn Du das tust und das verinnerlicht hast, dann wird Dir dieser Gedanken viellicht gar nicht mehr so schwer fallen: WAS PASSIERT, WENN DU MIT-VERANTWORTUNG FÜR DAS ÜBERNIMMST, WAS PASSIERT IST?

 

Natürlich gibt es manchmal Entscheidungen von Menschen, die wirklich „unter aller Sau“ sind – einer meiner Ex-Partner hatte sich beispielsweise entschieden, sich eine weitere Freundin zuzulegen. Weil er wusste, dass mir das nicht gefallen würde, hat er sich außerdem dazu entschieden, mich permanent zu belügen. Er hatte sich außerdem dazu entschieden, mich zu bestehlen und noch einiges andere.

 

Als ich all das erfuhr, fühlte ich mich zunächst wie ein Opfer. Und er war der Täter. Im ersten Moment tat das gut: Er war der Böse. Und Schluss. Ich war verletzt und enttäuscht und betrogen worden. Leider aber, fühlte sich das nach ein paar Tagen überhaupt nicht gut an. Und es wurde auch nicht besser. Ich heulte und heulte. Und dann…

 

Dann entschied ich mich, dass ich meine seelischen Verletzungen heilen möchte: Ich bemerkte, dass ich schon immer gewusst hatte, dass er nicht besonders ehrlich ist. Ich gestand mir auch ein, dass ich schon länger geahnt hatte, dass da etwas faul ist. Und dann bemerkte ich, dass all das nur deshalb so weit gehen konnte, weil ich es „erlaubt“ hatte:

 

Ich hatte mir diesen Mann ausgesucht. Ich hatte an seinen „guten Kern“ geglaubt. Ich hatte mir eingebildet, ich könne ihm beweisen, dass es sich lohnt, treu zu sein und dass es Liebe wirklich gibt und ich hatte ausserdem – offensichtlich in einem Anfall von totaler Arroganz – geglaubt, dass ich eine Methode finden könne, ihn dazu zu bringen, sich so zu verhalten, wie ich es von einem guten Partner erwarten würde: Treu, ehrlich, aufrichtig und wertschätzend.

 

Und ich hatte alles angewendet: Großzügigkeit, Offenheit, Ehrlichkeit, ihn eifersüchtig machen, ihm Schuldgefühle einreden, weinen, schreien, ihn abservieren, ihn wieder annehmen, ihm Briefe schreiben, ihm einen Job besorgen, ihm mein Auto leihen, für ihn kochen, mit ihm alle Arten von Sex haben, sein Ego aufbauen, seinen Kühlschrank füllen, nicht anrufen wenn ich ahnte, dass er eh nicht rangehen würde, mich selber belügen –

 

...wenn Du einigermaßen bei Verstand bist, dann hast Du jetzt mehr und mehr mit dem Kopf geschüttelt, als Du das gelesen hast. Das mache ich heute auch! Ich bin mir heute vollkommen bewusst, wie bescheuert ich war und nicht sehr stolz darauf. Und ich bin sehr froh, dass ich diese Lektion schon mit Anfang 20 lernen durfte…

 

 

WIE IST ES MIT DIR?

Was wäre, wenn Du die Mitverantwortung für die Situation übernimmst: Deine seelische Verletzungen heilen, wenn Du erkennst, wie viel Du dafür getan hast, dass Du (mit dieser Person) in diese Situation gekommen bist. Nehmen wir z.B. an, er hat Dich betrogen (oder sie hat Dich betrogen). Natürlich ist das nicht in Ordnung! Und natürlich ist das schlimm. Doch überleg mal: Du hast zunächst einmal diesen Menschen „ausgewählt“ als Partner, Freund oder was auch immer. Du hast das Bild im Kopf, wie der andere sein soll (oder gerade nicht sein soll). Du hast Dich entschieden, welche „Maßnahmen“ Du ergreifen möchtest, damit der andere auch so ist, wie Du es brauchst. All das sind (waren) Deine Entscheidungen. Der andere ist so, wie er eben ist – in meinem Fall war der andere eben ein junger Mann mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung und einem schlechten Charakter. Und in Deinem Fall?

Und dann gibt es da noch den Faktor, den niemand von uns sehen möchte: Das, was wir getan haben, was den anderen vielleicht überhaupt erst dazu „ermutigt“ oder „motiviert“ hat, das zu tun, was er getan hat.

 

Bei mir war mal ein Paar zur Beratung, wo sie sich scheiden lassen wollte, weil er eine Affäre hatte. Was sie mir nicht sagte war, dass sie seit der Geburt des Kindes keinen Sex mehr mit ihrem Partner hatte. Das Kind war inzwischen in der Schule. Was er mir nicht sagte war, dass er sie nie gefragt hatte, was er tun könne, damit sie sich ihm wieder so nah fühlen könne, dass sie Sex mit ihm haben wolle. Was sie mir nicht sagte war, dass er inzwischen alles mögliche versucht hatte, um wieder mit ihr ins Gespräch zu kommen… und diese Beweiskette an „Anschuldigungen“ hätte man vermutlich noch ewig so weiterführen können.

 

Wir können für alles eine Entschuldigung oder eine Schuldigen finden – doch die Wahrheit ist, dass jeder von uns Entscheidungen trifft. Und nicht alle davon sind klug. Und nicht alle davon sind im Sinne des Menschen, der von der Entscheidung mitbetroffen ist.

 

Und manchmal glauben wir, dass wir uns „richtig“ verhalten und sind fürchterliche Nervensägen, Jammerlappen die man nicht respektieren kann, unattraktive Nörgler(innen) und was nicht alles.

 

In dem Moment, in dem ich mich entschieden hatte, die Mitverantwortung zu übernehmen für das, was mir passiert war, passierte etwas ganz wunderbares, verrücktes – und vor allem Befreiendes: ICH WAR KEIN OPFER MEHR!

 

Von ganz allein konnten meine seelischen Verletzungen heilen, denn es gab keine: Er war nicht mehr der „Täter“. Ich war nicht mehr das Opfer. Ich war nur jemand, der ein paar sehr schlechte Entscheidungen getroffen hatte und ein paar sehr dumme Ideen hatte, was mit diesem Menschen und mir hätte passieren sollen. Doch dieser Mensch war einfach nicht der richtige, damit das passieren konnte, was ich wollte. Denn er wollte nicht. Hätte ich das früher eingesehen, wäre mir viel erspart geblieben…

 

Ich wollte jemanden, der dasselbe wollte wie ich. Oder doch wenigstens so einigermaßen übereinstimmend mit dem war, was ich wollte und was ich anbieten konnte, dass es ohne all diese dummen Ideen geschehen konnte. In dem Moment, in dem ich mich entschieden hatte, Verantwortung zu haben, war ich nicht mehr ausgeliefert. Ich hatte wieder Macht über mein Leben und meine Entscheidungen – und das fühlte sich sehr gut an.

 

Und das kann es auch für Dich!!!


3 Gedanken, die vergeben helfen

Verletzungen verzeihen: Anderen Menschen zu verzeihen, die einen verletzt haben, das ist der ultimative Akt der Selbstbestimmung.

 

Es passiert im Leben immer mal wieder, dass andere Menschen uns unwillentlich und manchmal sogar mit Absicht verletzten. Dann ist es wichtig, dass wir den Schmerz verarbeiten. Dazu gehört es auch, den anderen auf den Mond zu wünschen.

 

Aber irgendwann muss Schluss sein, mit dem Ärger. Dann heißt es zu verzeihen. Dann sollten wir sagen: „Jetzt ist es gut. Ich bin dem anderen nicht mehr böse.“

 

Denn wenn Sie sich auf Dauer weigern, zu verzeihen, fügen Sie sich selbst am meisten Schmerz zu. Sie geben dem anderen und der Vergangenheit Macht über Ihre Gefühle. Der andere hat wahrscheinlich schon längst vergessen, worum es eigentlich ging. Aber Sie leiden immer noch und machen sich damit selbst zum Opfer dessen, was passiert ist.

 

Und wie geht man nicht-opfermäßig damit um, wenn einem jemand weh getan hat? Indem man verzeiht. Verzeihen ist natürlich nicht einfach und braucht manchmal mehrere Anläufe. Mir persönlich helfen dabei immer drei Gedanken:

 

Gedanke 1: Eigentlich wollen wir doch alle das Gleiche. Glücklich sein. Zufrieden sein. Das Gute im Leben genießen. Wir alle haben zwar unterschiedliche Vorstellungen, wie wir das erreichen. Aber wir wollen alle die gleichen Dinge: Glück und Zufriedenheit. Uns vereint also mehr, als uns trennt.

 

Gedanke 2: Andere Menschen sind – genau wie wir selbst – nicht perfekt und machen Fehler oder sind manchmal ungerecht. Ich bin nicht perfekt. Die anderen sind nicht perfekt. Deswegen verletzten wir uns auch manchmal gegenseitig.

 

Gedanke 3: Andere Menschen können – auch genau wie wir selbst – oft nicht aus ihrer Haut. Und sie tun Dinge, die sie eigentlich gar nicht tun wollen. Wir alle haben unsere Geschichte und tragen unser Päckchen. Wir haben nun mal alle unsere inneren Konflikte und handeln unvernünftig. Deswegen ist es auch illusorisch, von anderen Menschen zu erwarten, dass sie sich so verhalten, wie wir uns das wünschen würden.

 

Wie ist das bei Ihnen?

Können Sie zu diesen 3 Gedanken nicken?

Treffen die 3 Aussagen von oben nicht auch ein bisschen auf Sie zu?

 

Wenn ich mir diese Gedanken klarmache, dann sage ich mir immer: „Sollte ich von anderen mehr erwarten, als von mir selbst?“

 

Ich denke nicht.

Und deswegen ist es auch so wichtig, dass wir lernen, zu verzeihen.

Den anderen.

 

Aber auch uns selbst.


Quellen: Brigitte.de, Kontaktvoll.de, Zeitzuleben.de und Wikipedia