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AUGEN AUF | No6 | Paracelsus


„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.“


 

Einer der wichtigsten und bekanntesten Ärzte der letzten Jahrhunderte stammte aus Einsiedeln, Kanton Schwyz in der Schweiz. Bekannt ist Paracelsus vor allem durch seine Lehren der Alchemie und der Spagyrik*. Eine kurze Übersicht über sein Leben und seine medizinische Ideologie.

 

Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus, wurde 1493 in Einsiedeln geboren. Sein Vater, der Arzt und Alchemist, Wilhelm von Hohenheim, lehrte seinem Sohn schon von frühester Kindheit an die genaue Beobachtung der Natur. Ebenso wie Hildegard von Bingen war es genau diese Fertigkeit, die Paracelsus seine grossen Erkenntnisse lieferte. Das spätere Hochschulstudium war für Paracelsus eine grosse Ernüchterung. Denn anders als er dies vermutete, gaben ihm seine Lehrer viel Theorie aber wenig Praxis aus der Natur mit auf den Weg. Für ihn war die Natur das grosse Lehrbuch, das demjenigen, der es geduldig betrachtete, alle Geheimnisse des Lebens offenbarte.Trotzdem schloss er sein Studium ab und wanderte schliesslich für 12 Jahre durch ganz Europa. Seine Wanderjahre brachten ihn nach Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, England, Polen, Ungarn, Litauen und viele weitere Länder. Hier konnte Paracelsus endlich sein praktisches Wissen erweitern. Neben Ärzten und Gelehrten machte er seine Erfahrungen bei Badern, Scherern, in Klöstern, bei Kräuterfrauen, Zigeunern, Hebammen und beim einfachen Volk. Er strebte nach der Erkenntnis des Urgrunds einer Arznei.

 

Die Natur selbst macht die Alchemia für uns Menschen notwendig, weil sie für den Menschen kaum etwas zu Tage bringt, was für ihn bereits vollendet ist. Dies zeigt sich auch bereits an unserer Arbeitsteilung. Der Müller gewinnt aus dem Korn das Mehl, das der Bäcker zu Brot verarbeitet; der Winzer bereitet Wein aus den Trauben, der Kürschner aus der Schafswolle einen Pelz usw. In der Natur können wir überall Vervollkommnungsprozesse wahrnehmen. Der Sommer z.B. bringt die Früchte zum Reifen. Die Folge von Reifung, Steigerung, Vollendung gehört ins Reich der Sonne und damit des Himmels. Arzneien müssen vollendet sein, um wahren himmlischen Charakter zu besitzen, denn daher stammen auch die Heilungsprozesse. Damit der Spagyriker diesen himmlischen Charakter z.B. aus dem Johanniskraut ziehen kann, muss er durch Trennung den Erdenanteil des Rohstoffs nehmen d.h. die unreinen Substanzen. Was bleibt, ist die reine Kraft der Ausgangssubstanz. Paracelsus nannte dies das Arcanum. Es ist die höchste Steigerung einer natürlichen Daseinsform, die sich durch den alchemistischen Prozess auf die höchsten Stufen der materiellen, mentalen und emotionalen Ebenen transformiert und folglich über eine höhere Schwingung verfügt.

 

Für Paracelsus stand im Kern der Arbeit eines Arztes die Alchemie, die Astronomie, die Philosophie und die Proprietas (Redlichkeit, Moral). Beherrschte der Arzt deren Prinzipien und Techniken, so konnte er Reifungs- und Vollendungsprozesse in Gang bringen, die dem Arzt das wahre Wesen von Krankheit, Gesundheit, Arznei und Ausgeglichenheit aufzeigen. Dies befähigt einen Mediziner auf einen Patienten einzugehen und die richtigen Mittel und Methoden anzubieten, mit denen dieser in Ausgeglichenheit und Harmonie leben kann.


Wer war Paracelsus?

Die im 15. Jahrhundert beginnende Neubelebung der Antike machte sich auch auf dem Gebiet der Heilkunde bemerkbar. Oftmals falsch überliefertes Wissen aus Texten von Aristoteles, Theophrast, Dioskurides und Galen wurde korrigiert und darüber hinaus durch selbständige Erforschung der heimischen Naturprodukte erweitert. Im Jahr 1493 wurde Phillipus Theophrastus Aureolus Bombast von Hoheinheim, allgemein bekannt als „Paracelsus“, in Einsiedeln (Schweiz) geboren, der sich Zeit seines Lebens mit Krankheiten und deren richtiger Behandlung auseinandersetzte.

 

In dieser Epoche sahen Ärzte und Apotheker es als Hauptaufgabe an, Gesundheit und Krankheit zu studieren und neue Heilmittel zu suchen. Diese Bestrebungen gipfelten im Werk des Paracelsus, der durch Vereinigung von Chemie und Medizin die neue Wissenschaft der Chemiatrie (griech. Iatros = Arzt) begründete und die chemischen Arzneistoffe als gleichwertig neben die pflanzlichen einreihte. Vieles aus den therapeutischen Vorstellungen des Paracelsus und seiner Nachfolger, der Paracelsisten, behielt bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Gültigkeit. Sie können als die Begründer der pharmazeutischen Chemie gelten.

 

In der Natur finden sich kaum fertige Heilmittel, diese sind vielmehr durch chemische Prozesse aus den Naturstoffen als »Quintessenzen« herauszuholen, die als „Arcana“ (Arcanuin = geheimnisvoller Stoff) die Krankheiten bekämpfen. Zu diesem Zweck stellte Paracelsus auf dem chemischen Weg alkoholische Auszüge aus den Drogenrohstoffen her und führte sie als Tinkturen, Essenzen und Extrakte in den Arzneischatz ein. Er forderte, möglichst reine Grundstoffe mit gleichbleibender Zusammensetzung und richtiger Dosierung zu verwenden.

 

Sein berühmter Lehrsatz gilt auch heute noch: „Alle Dinge sind Gift und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“

 

Ein weiteres in die Zukunft weisendes Element war seine Anschauung, dass es für jede Krankheit entsprechend ihren spezifischen Symptomen ein einziges individuell angepasstes Heilmittel geben müsse, womit er sich gegen die damals vorherrschende Polypharmazie der Araber mit ihren bis zu 60 Drogen enthaltenden Rezepten wendete. Diese Neuorientierung trug dazu bei, zunächst die Krankheiten genauer auf ihre Symptome zu untersuchen und in der Folge zwischen nützlichen und schädlichen Medikamenten zu unterscheiden. Die Vorstellungen von Paracelsus, die zweifellos mit zeitbedingten Irrlehren und magisch-astronomischen Einflüssen belastet waren, gewannen im 16. und 17. Jahrhundert große Bedeutung. Zahlreiche chemische Arzneistoffe wurden in Arzneibücher aufgenommen und fanden somit Eingang in die Laboratorien der Apotheken.

 

Paracelsus, Sohn eines Arztes, wurde in Wien und Ferrara selbst zum Arzt ausgebildet. Ein Wanderleben führte ihn durch ganz Mitteleuropa und zu bekannten Alchemisten wie Sigmund Füger von Schwaz. Paracelsus war der Begründer einer neuen Heilkunde. In der Medizin setzte er an die Stelle der überlieferten mittelalterlichen Säftelehre eine chemische Biologie und Pathologie, die zukunftsweisend war. Paracelsus erkannte dadurch bis dahin übersehene pathologische Zusammenhänge, beschrieb neue Krankheitsbilder, schrieb die erste Abhandlung über die Gewebekrankheiten und förderte die Konstitutionslehre (Vererbung körperlicher und seelischer Eigenschaften). Ihm zu verdanken sind neue Erkenntnisse zur Behandlung der Syphilis, der Wundinfektion, der Neurosen und Psychosen und in weitem Umfang die moderne Pharmakotherapie.

 

Hervorzuheben ist Paracelsus Bemühen, seine medizinischen Vorlesungen in deutscher Sprache zu halten, um sie der Allgemeinheit zugänglich und verständlich zu machen. Aus diesem Grund und wegen der während seines Lebens vorgebrachten Kritik an der Ärzte- und Apothekerschaft wurde Paracelsus bis zu einem Tod im Jahr 1541 in Salzburg oft bedroht.

 


Mehr über Paracelsus


Zitate von Paracelsus

 

"Liebe ist es, welche die Kunst lehret, und außerhalb derselben wird kein Arzt geboren."

 

"Der ist ein Arzt, der das Unsichtbare weiß, das keinen Namen hat, keine Materie und doch seine Wirkung."

 

"Wie kann der Narr nach dem Willen Gottes sein? Wie kann der nichtskönnende Mensch im Willen Gottes sein? Diese Dinge sind alle wider den Willen Gottes; denn Gott will uns nicht als dumme Narren haben, die nichts wissen, nichts können und nichts verstehen."

 

"Einem andern gehöre nicht, wer sein eigener Herr sein kann!"

 

"Wisset erstlich, dass die Weisheit nicht anderes ist, denn eine einzige ewige Freud!"


∞ Das Geheimnis des Paracelsus ∞


Paracelsus in Basel

 

Zu Beginn des Jahres 1527 war Paracelsus vom europaweit berühmten Buchdrucker Johannes Frobenius zur Therapie eines Beinleidens nach Basel gerufen worden. In sehr kurzer Zeit gelang es ihm, dieses Leiden zu lindern, was ihm grosse Bewunderung eintrug. Zurück in Strassburg, wurde er von Erasmus von Rotterdam schriftlich darum gebeten, wieder nach Basel zurück zu kehren: «Möge das Geschick Dich hier in Basel festhalten!»

 

Diese Bitte muss auf Theophrast von Hohenheim einen ausserordentlichen Eindruck gemacht haben. Erasmus war einer der bedeutendsten Männer seiner Zeit, mehr als nur ein Humanist und Philosoph, war er eine der geistigen Autoritäten im damaligen Europa. Nur zu gern folgte wohl Paracelsus diesem Ruf zurück nach Basel, zurück zu seinem ehemaligen Patienten und Freund Johann Froben, der auch Erasmus beherbergte. Froben führte ein offenes Haus und versammelte dort einen Zirkel von Humanisten, Philosophen und Künstlern. Unterstützt von diesem einflussreichen Kreis wurde Paracelsus zum Stadtarzt von Basel berufen. Dies war in seinem ganzen Leben das einzige Amt, das ihm eine gesellschaftliche Stellung vermittelt hat und zudem zum ersten und letzten Mal die Möglichkeit, sich und seine Ideen zu etablieren. Die Stellung als Stadtarzt erlaubte ihm, an der Universität Vorlesungen zu halten. Weit davon entfernt, von den Kollegen respektiert oder auch nur akzeptiert zu sein, konnte er hier seine revolutionären Thesen in der Medizin öffentlich vortragen.

 

Am Patienten orientierte Medizin, Diagnose und Therapie nach der Natur der Krankheit, keine Behandlung auf Grund von Bücherwissen, sondern Praxis: Weit entfernt waren diese Ideen vom Lehrbetrieb der Basler Universität. Die Ansichten der Gottheiten der Medizin, Hippokrates, Galen und Avicenna, wurden an der Hochschule unreflektiert übernommen. Texte, die hunderte oder sogar tausende von Jahren alt waren, wurden unwidersprochen auswendig gelernt und weitergegeben. Medizin war eine theoretische Wissenschaft, die Ursachen der Krankheiten wurden im metaphysischen Bereich angesiedelt und die Diagnose und Therapie von allen möglichen Zeichen abgeleitet, nur nicht vom physischen Status des Patienten und dem pathologischen Geschehen seiner Krankheit.

 

Paracelsus, aufbrausend, egozentrisch und weit davon entfernt, sich der geltenden Lehrmeinung anpassen zu wollen, verdammte diese Medizin öffentlich in Grund und Boden («Nicht meinen, sondern wissen!»). Nur die Erfahrung und das Experiment können dem Arzt dieses Wissen vermitteln. (Vergl. dazu z.B. seine Kommentare zu den Aphorismen des Hippokrates, «Experimentum»).

 

Auch in der äusseren Form verletzte er die Konventionen. Schon seine zweite Vorlesung in Basel hielt er in deutscher Sprache und damit eben nicht nur für das gelehrte Kollegen- und Studenten-Publikum, sondern auch für so genannte Laien der Medizin, also Bader, Scherer und Alchimisten. Aus heutiger Sicht unbedeutend, war dies für die damalige Hochschulwelt skandalös, ja revolutionär, suchte man doch mit dieser Sprachschranke den tieferen sozialen Schichten den Zugang zu Bildung und Wissenschaft zu verwehren. Paracelsus hat mit seiner eher aggressiven Wesensart natürlich in keiner Art und Weise eine Eskalation der Spannungen um seine Person und Stellung verhindert. Im Gegenteil: Öffentlich soll er in der Johannisnacht 1527 Handschriften aus der klassischen Medizin (wohl Galen und Avicenna) ins Feuer geworfen haben: «Habe die Summa der Bücher zu Sanct Johannis ins Feuer geworfen, auf das alles Unglück mit Rauch in Luft gang!»

 

Die Situation spitzte sich zu. Basel, kurz vor der Reformation (1529 bis 1531) ohnehin innerlich zerstritten und in Aufruhr, konnte für Paracelsus auch nicht zur Heimat werden. Anfänglich wurde er zwar von breiten Kreisen der Bürgerschaft unterstützt, doch von den etablierten Schichten in Kirche, Aristokratie und Universität zunehmend bekämpft. Der schwerste Schlag für seine gesellschaftliche Stellung in Basel war aber zweifellos der Tod seines Freundes und Förderers Johannes Froben. Nach anonymen Schmähschriften und öffentlichen Verunglimpfungen gipfelten die Zwistigkeiten schliesslich im Streit um eine Honorarforderung von Hohenheims vor Gericht. Nach abschlägigem Urteil liess er sich zu Beschimpfungen hinreissen, die das Gericht so nicht dulden konnte. Einer drohenden Verbannung konnte er sich daraufhin Anfang Februar 1528 nur noch mit Flucht entziehen.


*Was ist Spagyrik?

Spagyrik (aus dem Griechischen spao „(heraus)ziehen, trennen“ und ageiro „vereinigen, zusammenführen“) bezeichnet die pharmazeutische und therapeutische Umsetzung der Alchemie. Hierbei werden pflanzliche, mineralische und tierische Ausgangssubstanzen mit Hilfe chemischer Verfahrenstechniken, die als charakteristisch für die alchemistische Verfahrensweise gelten, zu Spagyrika (Einzahl: Spagyrikum) verarbeitet. Ein wesentlicher Bestandteil der spagyrischen Arzneimittelherstellung ist die Destillation. Sie kommt außer in ihrer einfachen Form auch in besonderen Ausführungen wie der „Zirkulation“ (Form der Rückflussdestillation) oder der so genannten „Kohobation“ (Mehrfachdestillation) zur Anwendung. Voran geht in der Regel ein „Aufschluss“ der Materie, etwa durch Mazeration – auch unter Wärme („Digestion“), der bei biogenen Ausgangsstoffen oft von Fäulnis oder Gärung begleitet abläuft. Ein ebenfalls namhafter Prozess ist die Kalzinierung, worunter die Trocknung und Veraschung des Destillationsrückstands verstanden wird. Die Verfahrensschritte konzentrieren sich in der alchemistischen Weltanschauung auf die Abtrennung des „Wesentlichen“ von seiner stofflichen Erscheinung. Am Schluss steht die Zusammenführung der Zwischenstufen („Konjugation“) zur „Quintessenz“, der besondere Heilkräfte zugeschrieben werden. Heute werden auch verschiedene Heilsysteme zusammenfassend mit dem Begriff Spagyrik bezeichnet. Das therapeutische Ziel ist die positive Beeinflussung einer imaginären „Lebenskraft“ und damit die Aktivierung der Selbstheilungskräfte. Der theoretische Hintergrund ist bei den unterschiedlichen spagyrischen Richtungen nicht einheitlich. Grundlage bilden Vorstellungen aus der antiken Naturphilosophie (z. B. „Elementenlehre“), die Signaturenlehre und Vorstellungen aus der Humoralpathologie. Für Spagyrika, die heutzutage von der pharmazeutischen Industrie hergestellt werden, konnten bisher weder Daten zur Wirksamkeit über eine Placebowirkung hinaus noch eine plausible Wirkungshypothese erbracht werden. Auch die Stiftung Warentest sieht die therapeutische Wirksamkeit für kein Anwendungsgebiet belegt.


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